Die Zürcher Zünfte von 1336 bis 1798

Hauptinitiator der «Brunsche Zunftverfassung» war Zürichs erster Bürgermeister und Ritter Rudolf Brun (ca. 1290/1300 bis 1360)

Er stürmte 1336 mit einer aufgebrachten Menge das Rathaus, wo sich der versammelte Stadtrat befand. Die Räte (Kaufmannspatriziat ) waren gewarnt worden und konnten durch Flucht ihre Verhaftung verhindern. Am folgenden Tag wurde Rudolf Brun von einer Volksversammlung im Franziskanerkloster zum Bürgermeister auf Lebenszeit ernannt. Es gelangte nun eine Koalition zwischen Stadtadel (Gesellschaft zur Constaffel) und Handwerkerschaft (die sich in 13 politische Zünfte organisierten) an die Macht. Die Zunftmeister waren zugleich Mitglieder des neuen Rates. Auch Frauen und Kinder mussten einer Zunft angehören. Das Kaufmannspatriziat wurde verbannt.

Treueid für Brun

Im Hofe des ehemaligen Barfüsserklosters (heutiges Obergericht) wurde von den Zürcher Bürgern die Absetzung des Kaufmannspatriziat beschlossen, ebenso, dass Rudolf Brun ihr Bürgermeister auf Lebzeit sei. Alle Einwohner und Einwohnerinnen mussten einen Eid auf seine Person ablegen. Ihm wurde geschworen «zu warten und gehorsam zu sein mit guten Treuen bis in den Tod.» Dieser Schwur wurde nach Brun’s Machtergreifung den Bürgern zur Pflicht und halbjährlich wiederholt. 

Pest/Judenprogrom

Etwa um 1348/50 wütete auch in Zürich die Pest. Sie forderte viele Opfer; Zahlen sind nicht überliefert. Wie in vielen anderen Schweizer Städten gab man den Juden die Schuld. Man bezeichnete sie als «Brunnenvergifter» und sie wurden für die Pest verantwortlich gemacht.

Am 24. Februar 1349 wurden alle männlichen Juden Zürichs in einem Pogrom getötet (in einem Haus verbrannt). Viele konnten noch fliehen. Die Synagoge an der heutigen Froschaugasse wurde zerstört. Das Eigentum der Juden wurde unter die Nicht-Juden Zürichs (also auch Constaffel/Zünfte) verteilt, wobei sich Rudolf Brun einen Löwenanteil sicherte.

Napoleon und das Ende der Zürcher Zünfte

1798, nach 462-jähriger Vorherrschaft der Zürcher Zünfte, lösten Franzosen nach ihrem Einmarsch unter der Devise «Liberté, Egalité, Fraternité» und der Gewerbefreiheit die politischen Zünfte auf. Die Zünfte verkauften mit wenigen Ausnahmen ihre Zunfthäuser. Auch der Silberschatz wurde veräussert oder unter den Zünftern aufgeteilt.

Die Zünfte blieben noch bestehen, sie gingen mit der Gewährung der Gewerbefreiheit und der Liberalisierung des Handels in den Dreissigerjahren des 19. Jahrhunderts unter. Allerdings hatte man nach fünf Jahren politischer Unsicherheit die Zünfte als Wahlgremien wieder eingesetzt. 1866 mit dem neuen, demokratischen Gemeindegesetz fanden die «politischen» Zünfte ihr definitives Ende.

Kurzer historischer Abstecher

Vielleicht warst du schon einmal in Paris und standest unter dem Triumphbogen. Vielleicht hast du unter den vielen Städte- und Ortschaftsnamen «Zurich» entdeckt und dich gefragt, was für einen Zusammenhang besteht.

Kaiser Napoleon I. hat den Triumphbogen in Paris im Jahr 1806 in Auftrag gegeben, um die grossen Siege seiner grossen Armee gebührend zu feiern.  136 Schlachten wurden in Stein gemeisselt. 30 bedeutende Schlachten stehen zuoberst auf dem Fries, in fast 50 Metern Höhe.

In der zweiten Schlacht von Zürich 1799, schlugen das französische Heer die russische Armee in die Flucht. Die Russen hatten ihren Nimbus der Unschlagbarkeit verloren. 


Das Kratzquartier, die Herkunft des Ur-Böögg

Das Kratzviertel entstand am ehemaligen Stadtrand zwischen Zürichsee und Fraumünster-Abtei. Bis auf einen schmalen Zugang zur Limmat war es durch das Kloster, den See und die Stadtmauer abgeschlossen. Daher rührt wohl auch der Name. „Kratten“ ist ein anderes Wort für Korb und deutet auf die Sackgasse hin, die das Viertel bildete. Von der Gründung bis Ende des 16. Jahrhunderts bewohnten überwiegend Arme und Aussenseiter das Kratzviertel. Mehr als die Hälfte seiner Bevölkerung gehörte zu den ärmsten Leuten in Zürich- in anderen Vierteln waren es höchstens 20 Prozent. Im Zuge der „Grossen Bauperiode“ wurde das Kratzquartier in den Jahren von 1877 bis 1891 vollständig abgerissen und durch neue Bauten ersetzt.

Und eben in diesem von sozialen unteren Schichten bewohnten Kratzquartier, fand ein jeweils ein alter Feuerbrauch statt, der mit der Tagundnachtgleiche zu tun hatte. Auf verschiedenen «Richtplätzen» verbrannten die Buben des Kratzquartiers seit Jahrhunderten jeweils einen oder mehrere Strohpuppen. Aus dem Sechseläuten Feuer, das seit 1868 ein Anwohnerverein im Kratz organisierte.

Als die politischen Zünfte entmachtet wurden, bestanden sie als Vereine weiter und fanden eine neue, gemeinsame Aufgabe, die Sechseläuten Feier. Ruth Righetti beschreibt es in ihrem Buch so: «Pikant ist dabei, dass die Zünfter bei der Neubelebung des Sechs-Uhr-Läutens in Verbindung mit einem alten Feuerbrauch ausgerechnet auf eine bestehende Festkultur der Jugend im Kratzquartier Zugriff nahmen. Wesentliche Elemente des heutigen Sechseläutens wurden somit samt seiner Örtlichkeit seiner ursprünglichen Heimat in der gesellschaftlichen Unterschicht entnommen und in edlerer Form neu inszeniert. Die Zünfte haben die Figur und das Feuer der «Nachbaren-Gesellschaft im Kratz» nach dem Umbau des Quartiers für 250 Franken abgekauft. Der Böögg im neuen Schneemannskostüm wurde nun von den Zünftern auf den Pferden umritten, statt wie früher halb illegal von randständigen Jugendlichen umtanzt und umhüpft.»

Fotos: NZZ Sechseläuten um 1900 am Bürkliplatz, im ehemaligen Kratzquartier.

Das Läuten um sechs

Bereits im 13. Jahrhundert wurde am ersten Montag, der auf die Tagundnachtgleiche folgte, abends um sechs Uhr die Feierabendglocke des Grossmünsters geläutet – zum Zeichen, dass der Frühling gekommen war. Im Winterhalbjahr wurde bis zum Eindunkeln gearbeitet, im Sommerhalbjahr hingegen bis zum Läuten der Betzeitglocke um sechs Uhr. Danach war Feierabend. Die arbeitende Bevölkerung hatte etwas freie Zeit und konnte im Sommerhalbjahr die Abende bei Tageslicht geniessen.

Quellen: Gesellschaft zur Constaffel / NZZ / Ruth Righetti: Die andere Sicht auf das Sechseläuten/Gesellschaft zu Fraumünster / sechseläuten.ch / Wikipedia / turbinetheater/Schweizerisches Idiotikon / zuerich.com /denkmalpflege-schweiz.ch

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Das Kratzquartier: Zürichs ehemaliges Armenviertel der Innenstadt

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Das Sechseläuten (Zürichdeutsch Sächsilüüte)